Bildklick = vergrößern









Rede von Klaus Hebert-Okon
auf dem verdi.de :: bundeskongress2007 vom 01.10. - 06.10.2007

Ich möchte zu den Berichten Stellung nehmen. Ich finde, dass die letzte Periode der ver.di vor diesem Bundeskongress immer noch von der Verschmelzung der fünf Gewerkschaften geprägt war, aber auch von der Integration der DAG in den DGB, was ich für einen erheblichen Schritt auf dem Weg der Einheitsgewerkschaft halte.

Diese Verschmelzung ist auch geprägt von einer komplizierten Struktur von Fachbereichen und Ebenen. Gewerkschaftsquoten waren einzuhalten, auch die Quotierung im Sinne von Gender Mainstreaming. All dies führte zu einer erheblichen Arbeit vor Ort. Manchmal hatte man den Eindruck, dass man sich zu sehr mit sich selbst als mit dem beschäftigte, was eigentlich Gewerkschaft ausmacht, nämlich Arbeitnehmerinteressen zu vertreten und sich um die Betreuung der Mitglieder zu kümmern. Ein Teil davon ist erledigt. Aber ich denke, wir sind immer noch in den Integrationsprozessen, wir haben es bei den Orga-Wahlen gemerkt. Zur Verschlankung der Strukturen: Das ist gelungen vor Ort in den Bezirken und auch in den Landesbezirken. Es ärgert mich ein wenig an dieser Stelle, dass das auf Bundesebene nun nicht erreicht werden soll. Das ist ein schlechtes Signal an die Mitglieder, finde ich.

Ich möchte mich an dieser Stelle weigern, mich als Delegierter mit vermeintlichen Sachzwängen zufriedenzugeben. Ich habe die Erwartung an den neu zu wählenden Bundesvorstand und an den Gewerkschaftsrat, dass ein klares Konzept entwickelt wird, wie dieses Ziel denn künftig erreicht werden soll. Dabei sage ich ausdrücklich, dass ver.di von der Vielfalt lebt, nämlich der Organisation in den Dienstleistungsbereichen, im Öffentlichen Dienst und in der Privatwirtschaft. Dies möchte ich in Zukunft stärker zur Geltung kommen sehen.

Wenn es „Deregulierung im Öffentlichen Dienst“ heißt, finde ich, muss das zu einer Sache der gesamten Organisation werden. Das heißt, wenn Mitarbeiter des Öffentlichen Dienstes hiergegen auf die Straße gehen, wenn sie streiken und kämpfen, dann meine ich ausdrücklich, dass die Mitglieder aus der Privatwirtschaft mitgehen müssen. Ich meine umgekehrt, wenn es um Druckereien geht, wo dereguliert werden soll, wenn es um den Einzelhandel geht, muss dies auch Sache der gesamten Organisation sein. Ich erwarte genauso, dass die Mitglieder des Öffentlichen Dienstes mitmachen.

Ich halte es für erforderlich, dass die Möglichkeiten der Bezirksvorstände vor Ort deutlich gestärkt werden; denn nur die sind in der Lage, vor Ort dafür die Klammerfunktion auszuüben.

Genauso bin ich der Meinung, dass wir als ver.di gut daran täten, klare Positionen zu beziehen.

Zur Debatte von Mindestlöhnen gehört meiner Ansicht nach auch die Frage, wer für Löhne aufkommt. Ich meine, dass die Arbeitgeber im Öffentlichen Dienst und in der Privatwirtschaft die Löhne für die Leistung zahlen müssen, die sie angefordert haben - und weg von der Diskussion, dass andere diese Löhne oder deren Bestandteile zahlen sollten. Ich finde auch, dass zu der Debatte um die längere Arbeitszeit die Frage der gerechten Verteilung gehört. Ich möchte mich nicht mit dem Sachzwang anfreunden, dass es bei Verlängerung von Arbeitszeit um Wettbewerbsfähigkeit geht. Es ist für mich ein Hohn, dass so viele Leute arbeitslos sind und dass diejenigen, die in Arbeit sind, noch länger zu dem gleichen Preis arbeiten sollen.

Ich wünsche mir, dass dieser Kongress hier mutige Entscheidungen trifft; mutige Entscheidungen auf dem Weg der Arbeitnehmervertretung für eine Stärkung der Struktur und für klare Positionen. Ich sehe das nicht immer vorgezeichnet in den Empfehlungen der Antragskommission und werbe hier um mutige Entscheidungen. - Danke schön.